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Not only the outstanding quality of the collection, but also our high level of activity in the areas of research, exhibitions and education guarantee the Artey prominent position in the international & art museum landscape.

Statements

Haeckel hatte die Diatomeen bereits durch ein stark vergrößerndes Mikroskop gesehen. Seit der Erfindung des Rasterelektronenmikroskops Ende der sechziger Jahre ist es auch möglich, die phantastischen Formbildungen zu photographieren und zu reproduzieren. Das Faszinierende dabei ist, dass man in das endlose Struktursystem der Diatomeen, die in einem maßstäblich vergrößerten Ausschnitt immer wieder eine neue ästhetische Gestalt annehmen, eindringen kann. Übrigens im Gegensatz zum „Mandelbrot“, für das es ja keinen Maßstab gibt, weil die Transformationen außerhalb unserer Kategorien stattfinden. Ich bin über die Beschäftigung mit dem Aufbau eines Computers auf die Bionik und Silikatchemie gestoßen.
Selbst wenn ich – wie 1988 beim Familienpanzer – einen Baumstamm entsprechend der Jahresringe geöffnet habe, ging es mir immer darum zu untersuchen, was im Innenraum vor sich geht. Deshalb war die Auseinandersetzung mit der Keramik für mich ein wichtiges Moment, weil man da mit Hohlkörpern arbeitet. In meinen ersten Studienjahren habe ich fast ausschließlich in der Werkstatt gearbeitet und führte dort sehr viel 1:1 aus. Ich habe also keine Modelle gemacht, sondern ich musste die Schwerkraft bei aller körperlichen Mühe an der realen Skulptur ausprobieren, um zu wissen, was ich mit meinen Ideen in einem Raumgefüge überhaupt zu suchen habe. Nach nunmehr dreizehn Jahren, in denen ich mich vorwiegend mit Innenraumprojekten auseinandergesetzt habe, wage ich mich jetzt allmählich in den Außenraum vor. Das ist heute ein gewaltiger Schritt, wenn man nicht das herkömmliche „Helicopter-Dropping“ betreiben will, bei dem die Restbestände an freiem Außenraum mit Skulptur möbliert werden.
Ich glaube generell, dass die autonome Plastik tot ist. Wir leben heute in Europa in so einem komplexen System, dass es eine absolute Anmaßung ist, in diesem verdichteten Kulturraum noch autonome Plastiken platzieren zu wollen. Die kann man vielleicht noch auf dem Mars aufstellen. Ich finde schon, dass man als Bildhauer heute die Verantwortung hat, sich intensiv mit dem Umfeld auseinander zusetzen und genau zu überlegen, wie der verbliebene öffentliche Raum sinnvoll für die Menschen genutzt werden kann. In den Siebzigern war es nicht selten der Fall, dass sich Künstler schon während der Akademiezeit voll darauf spezialisiert hatten, kleine Modelle zu machen, um sie dann von einem Gießer aufblasen zu lassen. Und damit waren die Plastiken in der Welt. Meine Städtereisen haben mir gezeigt, dass selbst eindrucksvolle Skulpturen im falschen Umfeld völlig versacken und verwahrlosen können. Deshalb entwickle ich bereits im Vorfeld der Produktion eine große Sorgfalt.
Eine gewisse Stellungnahme zu aktuellen Dingen, die mich berühren, ist in meinen Arbeiten schon impliziert. Bei dieser Havariegeschichte (Havarie-Projekt von 1993) hat es mich erschüttert, aber auch fasziniert, dass in unserer hochtechnologisierten Welt aufgrund von bedenkenlosen Sparmaßnahmen ein Tanker einschalig gebaut wird und auch noch falsch geladen ist, so dass er am Ende zerbirst. Bei meinem Havarie-Projekt wollte ich durch die Zergliederung einer riesigen Gipsform, die an sich ja nicht kolossal ökologisch war, erkunden, was für Kräfteverlagerungen in den Kammern der Innenräume stattfinden. Da war ich am Ende bei einer Art Schwitters-Bau angelangt, der außen in seiner Alabasterhaftigkeit ganz amorph war und innen starke Raumstrukturen aufgewiesen hat.
Etwas Gebautes steht und fällt damit, ob es eine Symbiose mit dem Material eingeht. Ich schätze es auch sehr an Kollegen und Architekten, wenn sie eine genaue Ahnung haben von dem Material, mit dem sie umgehen. Die Materialität selbst hat ja schon eine bestimmte Aussagekraft und transportiert eine Idee. Es kommt ja nicht von ungefähr, dass bei uns im Unterschied zu den USA, Belgien oder Spanien das Material Terrakotta noch so stark tabuisiert wird.

Als Jugendliche war für mich die Architektur, wie sie im Sprachduktus der Bauhausnachfolge als total formale und funktionale Ästhetik repräsentiert war, eher etwas Verabscheuungswürdiges. Ich habe diese Form der Architektur stark angezweifelt, weil sie mir so inhaltsleer vorkam. Unsere Schule war auch ein Post-Bauhaus-Fertigteil mit dem obligatorischen Farbleitsystem. Das fand ich immer sehr bedrückend und eng. Mir haben die Industriebauten, wie sie auch mein Vater entworfen hat, viel besser gefallen, weil die ingenieurmäßig ausgerichtet waren und dort tatsächlich eine lebendige Produktion stattgefunden hat. In dem Bereich war eine klare inhaltliche Aufgabe gegeben: Es galt eine Arbeitswelt zu installieren.

Bei meiner bildhauerischen Arbeit bin ich grundlegend daran interessiert, Raum, wie ich ihn erlebe, zu besetzen und zu definieren. Das geschieht bei mir über die Reduktion des Raums auf eine Fläche, die dann über die bildhauerische Gestaltung wieder zum Raumkörper wird. Ich komme nicht direkt durch das Modellieren zur Skulptur, sondern über das Studium der entsprechenden Orte, ihrer Funktionen sowie der sich dort ereignenden Bewegungen. Da recherchiere ich ziemlich gründlich und nehme eine regelrechte Feldforschung vor. Als beispielsweise die LMU 1997 einen Kunstwettbewerb für die Gestaltung der Eingangshalle des neuen Instituts für pharmazeutische Chemie in Großhadern ausschrieb, habe ich mich erst mal an den Computer gesetzt und überprüft, wie pharmazeutische Chemiker heute Medikamentenmodelle entwickeln.

Für mich ist es sehr wichtig, dass eine Skulptur aus allen erdenklichen Blickwinkeln „funktioniert“ und auf den unterschiedlichsten Ebenen eine gewisse Lebendigkeit hat. Deshalb führe ich mittlerweile bei größeren Raumkonzepten die Planungen oft am CAD durch, weil man da via Animation durch den ganzen Raum reisen und ihn überprüfen kann. Ich kann mit dieser Simulationstechnik wunderbar zeigen, wie sich die Gestalt aus den verschiedenen Blickwinkeln entwickelt. Bei den kleineren Innenraumarbeiten gehe ich dagegen vom menschlichen Maß aus. Also vom Menschen, der auf dem Boden steht und aufgrund seines Augenniveaus einen circa 1,45 Meter hohen Horizont hat. Die Außenskulptur im Barock war schließlich perspektivisch auf Pferdedroschkenniveau ausgerichtet und modelliert, während man heute meist von der Autofahrerhöhe ausgeht.
Ich habe zur Biologie gefunden über die Stadtentwicklung und über den Diskurs, wie Stadtraum in der Zukunft definiert werden kann. In der Debatte um die Komplexität der urbanen Zusammenhänge wird immer wieder auf bionische Prinzipien verwiesen. Das heißt, dass man eine gewisse Selbstorganisation von Strukturen aus der Beobachtung von kleinen Organismen ableiten kann. Die Diatomeen beispielsweise – das sind winzige Einzeller-Pflanzen – umgeben sich mit einem Silikatpanzer. Der genetische Code, der die ungemein vielfältigen Strukturbildungen und auch die komplexen statischen Gespinste dieser Kieselalgen hervorbringt, ist absolut unbekannt.
Ich schiebe die einzelnen Ringelemente einer Holzfläche in die Höhe, so dass sie ein plastisches Gebilde ergeben. Über die Arbeit mit großen Holzflächen bin ich überhaupt erst zur Flächenöffnung gekommen. Die modellhaften Raumformen dieser 1,50 x 1,50 Meter großen Skulpturen sind deshalb schon elementar für mich, weil ich da mit den Händen denken kann. Generell gilt: Wenn ich Raum erfinde, dann ist das kein analytischer Vorgang, sondern ich habe beim Zeichnen die Bedeutung, die ich einem Ort geben will, in meinem Kopf gespeichert. Meistens konzentriere ich mich auf eine zu öffnende Kreisform. Und dann fange ich sofort mit dem Bau eines Modells an, das ich mit ganz dünnen Fäden im Raum aufspanne. Interessanterweise stimmt mein statisches Gefühl auch bei 14 Tonnen Gewicht.
Das hat mich anfangs selbst gewundert. Schon bevor die Skulptur simuliert ist, gehe ich in der imaginierten Form wie im Traum spazieren und ahne, was sich zwischen den einzelnen Elementen kräftemäßig entwickelt und wie das differenzierte Gebilde später aussehen wird. Das ist zwar beruhigend, aber auch irgendwie traurig, weil ich das Aha-Erlebnis bei der fertiggestellten Skulptur nicht mehr habe. Die Sensation ist eigentlich das Experiment, und danach mache ich mich ganz diszipliniert an die Umsetzung, die auch viel Moderation bedarf. Alle Leute, die an einer großen Arbeit beteiligt sind, muss man über Inhalte und Technik genau informieren, damit eine optimale Umsetzung gewährleistet ist.
Die Kreisfläche bildet auf ihre Art ein Zentrum, ohne dass sie zentriert. Der Kreis bringt auch eine Art Einschränkung mit sich. Man reduziert damit die Außenform eines Grundkörpers auf ein Minimum an Dekonzentrationsmöglichkeiten und lenkt so den Blick aufs Eigentliche.
Der reine Funktionsbau wird sicher auch weiterhin existieren. Bei einer Lecture von Frank Gehry in Los Angeles fiel mir erstmals richtig auf, dass sich die Architektur des Dekonstruktivismus ausschließlich als Bau-Kunst definiert und eine Kommunikation mit bildenden Künstlern kaum stattfindet. Bei einer künstlerischen Intervention könnte es leicht zu einem Konflikt kommen. Eine Architektur wie das neue Museum von Bilbao ist für mich in erster Linie als Plastik faszinierend. Möglicherweise ist die dekonstruktivistische Architektur zu jung für die bildende Kunst, sie hat noch so viele unentdeckte Ressourcen.
Ich bin mir sicher, dass die Orte, auf die ich mich einlasse, meine Interventionen auch brauchen. Vor nichts habe ich weniger Angst als vor leeren Räumen oder leeren Wänden. In dem 27 Meter hohen Lichthof des Münchner Rotkreuzkrankenhauses gab es einen unglaublichen Sog nach unten. Ich glaube, dass ich es tatsächlich geschafft habe, mit dem reduzierten Gefüge der Kreuzblume diese Sogkraft umzukehren und das Raumgefühl zu verändern.
Mein Ansinnen, überhaupt in Räumen zu intervenieren, ist dadurch begründet, dass ich die Diskrepanz zwischen dem menschlichen Maß und der Geschwindigkeit der Hochtechnologie zu überbrücken suche. Der virtuelle Umgang mit Dingen setzt eine ganz andere Kategorie des Denkens als die manuelle Arbeit mit Werkzeugen frei. Die Virtualität, die wir beispielsweise nachts in unserer REM-Phase erleben, wenn wir Tagesgeschehnisse wild zusammenkopieren und neue Filme daraus komponieren, ist im Gegensatz zur virtuellen Welt des Computers zeitlich völlig von uns bestimmt. In der REM-Phase hat man durchaus Macht über das Traumgeschehen. Der Computer hingegen schluckt einfach unsere Zeit. In den virtuellen Räumen und in der durch die Neuen Medien bestimmten Zeit bewege ich mich in einer anderen Sphäre.
Mir hat eine Kunsthistorikerin auch gesagt, dass sie meine neueren Skulpturen an die Archigram-Ideen der späten Sechziger erinnern. Seinerzeit wurde ja im Kunstdiskurs die Frage erörtert, ob der gebaute Raum eine Erweiterung oder Verlängerung des Körpers ist und wie man architektonisch neue Welten entstehen lassen kann. Man denke auch an die damaligen Modulsysteme, die ja etwas sehr Hybrides an sich hatten. Der Mensch war damals in der vom Interaktionsgedanken getragenen Kunst sehr stark im Mittelpunkt. Diese Ideen sind auch deshalb heute wieder so aktuell, weil anstelle des Marktes das Experiment im Vordergrund gestanden hat. In der Diskussion um die aktuelle Medienwelt geht es auch darum, dass die verschiedenen Raumformen und -qualitäten wieder neu definiert werden müssen: Was ist als gebauter Raum möglich? Was muss überhaupt noch materialisiert werden? Wo reicht die rein virtuelle Darstellung? Welche Vorzüge bietet das Taktile als Wahrnehmungsebene gegenüber dem zu Sehenden und Hörenden? Ich messe den materialisierten Dingen schon eine große Bedeutung bei. Die Dinge, die den Menschen umgeben, prägen unweigerlich sein Leben.
Eine sinnstiftende Platzgestaltung setzt meiner Meinung nach eine komplexe Zusammenarbeit von Spezialisten aus verschiedenen Sparten voraus. Das bedeutet, dass Geisteswissenschaftler mit Bildhauern, Verkehrsplanern, Psychologen und Soziologen zusammenarbeiten müssen. Ich kann mir auch gut extreme Positionen im Dialog miteinander vorstellen, also körperhaft erfahrbare Momente im Kontakt mit interaktiven. Ich bin mir sicher, dass in Zukunft der persönliche Austausch wieder eine große Rolle spielen wird. Ohne ortspezifischen Skulpturen würde eine ganz wichtige Erlebnisdimension verloren gehen. Gerade Künstler, die mit virtuellen Entmaterialisierungen kokettieren, haben oft ein starkes Verlangen, Dinge 1:1 zu produzieren.
Sicher werden sich viele Orte auf der ganzen Welt durch den extremen Informationsaustausch in ihrer Gestalt zunehmend ähneln. Das betrifft nicht nur künstliche Erlebniswelten à la Disneyworld, sondern allgemein gleichen sich die Erfahrungswerte in den Industrieländern immer mehr an. Die vermeintlichen Nomaden suchen doch in Hotelketten und Wohnmobilen vertraute Raummuster. Die Auseinandersetzung mit einem bestimmten Ort als Topos beinhaltet hingegen, dass man eine spezifische Wahrnehmungsreise unternimmt und so der globalen Gleichschaltung kontert.