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Claude Lévy-Strauss' Denkmodell des "wilden
Denkens" ist aktueller denn je. Immer wieder werden moderne Mythen
aus einer hybriden Verknüpfung von animierter Simulation
neuester wissenschaftlicher Ereignisse mit alten Sagen kreiert, wie
es uns die Texte über den cyberspace von Rötzer, Virilio,
Flusser und anderen zeigen. Diese Rezeption kreist um die
Phänomenologie der Faszination, ist aber nicht selbst
involviert. Es wird entweder vor möglichen Verlusten in der
primären Erfahrung gewarnt oder eine den meisten Erwachsenen
unbekannte Welt mehr oder weniger sachkundig abgehandelt. Dabei
fehlt die Beschreibung der starken mythologischen Kraft, der
eigentlichen Attraktivität, die diese Welt der Cyborgs so
faszinierend macht, da sie die Aufhebung tradierter Grenzen
zwischen Mensch und Maschine vergegenwärtigt und zugleich eine
Gegenwelt, in deren Sphäre junge Menschen leben, erschafft.
Diese Welt ist von starken Gefühlen und Phantasien über
die Machbarkeit von Veränderungen und Ergänzungen der
biologischen Grundausstattung des Menschen geprägt. Menschen
können in jeder erdenklichen Form 'aufgerüstet' werden,
sich technische Errungenschaften einbauen oder eingebaut bekommen.
Sie können sich individuell zu Superwesen perfektionieren oder
von Mächtigen komplett manipuliert und instrumentalisiert
werden. Aber sind diese Veränderungen wirklich so
vielschichtig und komplex, um den Nimbus moderner Mythen zu
haben? |
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Fakt ist,
dass sich die Grenzen zwischen Menschen und Maschinen in
Auflösung befinden. Der Mensch verbringt immer mehr Zeit mit
Maschinen, und diese werden ein immer intelligenteres und
anspruchsvolleres Gegenüber. Da sie von Menschen programmiert
werden, haben sie "menschliches Verhalten", das sich zum Beispiel
in unlogischem Benehmen, Abstürzen, Macken und Fehlern
niederschlägt. Sie erscheinen uns als ein lebendiges
Gegenüber, dem entsprechend mit emotionaler Intelligenz
begegnet werden muss. Die Maschinen lernen nach eigenen Regeln und
zwingen uns diese oft auf. Die Fragmentierung von Erfahrung und
Wissen löst die Erkenntnis aus, dass bestimmte, vielleicht zu
mühselige oder uninteressante Notwendigkeiten durch das
Implantieren von Wissen erledigt werden können. Daraus
entwickelt sich für viele ein Leben auf der Überholspur:
die Informierten, die Avantgarde der Wissensgesellschaft
rüstet sich auf und fusioniert zu noch leistungsstärkeren
Gebilden. |
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Der Entwurf
dieser virtuellen Welt zeigt deutlich, dass der Mensch durch die
Möglichkeiten der Gentechnologie Gefahr läuft, zu einem
Objekt der Reparatur zu verkommen: Der Mensch wird immer weniger
verletzbar, hat das ewige Leben, aber was dann? Was bedeutet unter
solchen Vorzeichen wiederherstellen, reparieren? Wo bleibt die
schöpferische Qualität? Welche ethischen Kriterien liegen
dem technischen Aufrüsten des Menschen zugrunde? Auch die
zunehmende Aufhebung der Grenze zwischen Mensch und Maschine wirft
viele kontroverse Fragen auf, wie zum Beispiel: Was haben diese
technischen Möglichkeiten für ethische Konsequenzen? Was
ist faszinierend an dieser Perspektive und gibt es einen
technologischen Gewinn? Und angesichts des "neuen Animismus", den
die künstliche Intelligenz auslöst (Computer bekommen
Gefühle, werden zu Haustieren oder gar Geliebten), kann man
sich mit Recht fragen: Was bietet das Leben in der Welt der Cyborgs
für Unterhaltungs- und Erkenntnisqualitäten, die die
reale Welt nicht hat? |
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Unter diesen
Vorzeichen erweist sich das Herstellen und Wiederherstellen als
universelles Geschehen und als eine universelle Tätigkeit, der
Menschen in den unterschiedlichsten Berufen nachgehen. 22
VertreterInnen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik
haben sich bereitgefunden, über Aspekte der Reparatur in ihrem
Arbeitsbereich nachzudenken. Auf diese Weise ist eine
kaleidoskopartige Textsammlung entstanden, mit der es sich durch
Wissensräume, aber auch durch die Ausstellung navigieren
lässt, die das zentral gelegene städtische
Maximiliansforum als Werk- und Denkstatt nutzt. Auf diese Weise
verwandelt sich der unterirdische Stadtraum in ein
künstlerisches und kommunikatives Labor auf Zeit, in dem das
Thema reparaturen der welt vielschichtig
visualisiert wird. |
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Dabei sind die thematischen Räume der
Ausstellung komplementär angeordnet:
Raum a) think_pad -
"Denkraum"
Raum b) maschinenraum
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