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Indem ich versuche, die Ursachen und Strukturen
meines Handelns zu beobachten und daraus Schlüsse für
zukünftige Prozesse zu ziehen, frage ich nach der
Begründung von Kreativität im Spannungsfeld von
Perfektibilität und Improvisation.
Provoziert durch Roman Herzogs These "Im Zuge der Globalisierung
verkommt Politik zur Reparaturwerkstatt", setze ich dem Schauplatz
des Flickwerks das schöpferische Labor des Universalisten
entgegen. In scheinbar chaotischer Selbstorganisation gehen dort
Kreative vom vorhandenen Material aus, das über gezielte
Eingriffe verändert und einer spezifischen Aussage oder
Funktion zugeführt wird. Kreativität erweist sich als
planvoll-spontanes Handeln zwischen Bindung und Freiheit. Die
Leichtigkeit, sich in der künstlerischen Produktion über
normative Regeln hinwegzusetzen, ist vergleichbar mit dem, was
Claude Lévi-Strauss ,bricolage' nennt, dem Basteln ohne
tradierte Routine. An der ,bricolage' partizipieren Kreative
jeglicher Provenienz, Künstler, Bastler und Reparateure, im
Slum oder in der Life-style-Loft. So wird Reparatur zum
erfinderischen Vorgang, inspiriert von der vorgefundenen
Faktizität des fehlerhaften Objekts. ,Fehler' lösen,
ihrer Negativität ledig, kreative Energien aus. |
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Doch auch in Kulturen mit professionellen Reparaturbetrieben ist
ein improvisierter Umgang mit den Produktionsgütern der neuen
Technologien feststellbar. In den neuen Berufen erobern aus
Kostengründen ,Heimwerker' und ,selfmade'-man den
alltäglichen Umgang mit den Dingen. In einer immer
komplizierter und komplexer werdenden Welt stehen sich zwei
Glaubensgruppen gegenüber: ,Wegwerfer' und ,Reparateure'. |
Reparieren bedeutet im herkömmlichen Sinn
ausbessern bzw. wiederherstellen. Die Grundvoraussetzung
hierfür ist das kulturelle Wissen um Konstruktion und
Funktionsweise, gepaart mit handwerklichem Geschick. In weiten
Teilen der Welt gibt es keine verbriefte Ausbildung zum Handwerker.
Der Reparateur ist auf seine persönliche Intuition und
Improvisationsgabe angewiesen.
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Die
Gründe der Zugehörigkeit sind vielfältig und oftmals
widersprüchlich: ,Wegwerfer' der Dritten Welt gehören zur
Mittel- und Oberschicht, sie grenzen sich von den armutsbedingten
,Reparateuren' durch heftigen Verbrauch ab. Demgegenüber sind
in den westlichen Industrienationen sind keine schichtspezifischen
Haltungen erkennbar. Das seligmachende Glücksgefühl,
etwas, ungeachtet der Effizienz im Einsatz von Mitteln und Zeit,
wieder ,heil' machen zu können, ist im Privaten
weitverbreitet. Der Prozess des Reparierens kann sowohl Flucht und
Rückzug ins Detail als auch ein schöpferischer
Erkundungsakt und Ausblick sein. Genauso faszinierend ist der
,große Wurf', eine visionäre Handlung, die allen
Umständen zum Trotz Zeichen setzt, ohne sich im Detail zu
verlieren. Kein Flickwerk, alles neu erfinden, nach ,vorne denken'.
Als bildende Künstlerin stehe ich dazwischen: repariere an
Werkzeugen, verwandle mit wenig Materialaufwand architektonischen
Raum, gebe den Dingen in einer Symbiose von Operieren, Reparieren,
Modellieren und Montieren neue Bedeutungen. Durch die Reparatur von
,Fehlern' entsteht ein schöpferischer Akt, der Wandlung
hervorbringt und weiterführende Lösungsprozesse in Gang
setzt.
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